06.02.2023
Haushaltsrede

Verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

eine Haushaltsrede wird stets vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und politischen Lage in unserem Land, in Europa, in der Welt, aber vor allem vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage in unserem Landkreis und in unseren Gemeinden gehalten. Und diese Lage ist nach der Corona Pandemie, geprägt durch den Krieg in der Ukraine, inflationärer Preissteigerungen, steigenden Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen, zunehmender Armut, dramatischem Personalnotstand im Pflege- und Medizinbereich, einer weiterhin hohen Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber unseren Kommunen, zum Teil ausgelöst von bundespolitischen Vorgaben und Versprechungen, zweifelsohne herausfordernd.

Und bei Bewertung des vorliegenden Haushaltsentwurfs und bei Würdigung des umfangreichen Zahlenwerkes, denke ich, ist es nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass man die Situation des Landkreises und der Gemeinden, Märkte und Städte mit einem Satz beschreiben kann, nämlich wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Also man könnte leidenschaftlich streiten, aber um mit den Worten von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zu sprechen: „Suchen wir nicht den Streit, sondern gemeinsam nach Lösungen“. Und praktikable Lösungen zu finden, ist wahrlich schwierig genug.

Werte Kolleginnen und Kollegen, dem Kreistag wurde ein Haushalt vorgelegt mit einem Gesamtvolumen von ca. 275 Mio. EUR, wovon rund 118,5 Mio. EUR die 26 Städte, Märkte und Gemeinden zu erbringen haben, also ein Haushalt mit einer Steigerung des Kreisumlage Hebesatzes von 51,70 % auf 53,00 % und dies bei einer Wertsteigerung des Umlagepunkte von 2,079 Mio. EUR auf 2,183 Mio. EUR. Die Fraktion der FW ist angesichts dieser Zahlen besorgt, dass bei einer solch weitergehenden Entwicklung die Leistungsfähigkeit der Gemeinden in den nächsten Jahren überfordert und damit der Landkreis zur Erfüllung seiner Aufgaben zwangsläufig in eine Verschuldung getrieben wird.

Derzeit verhindern die Gemeinden die übermäßige Verschuldung des Landkreises. Man darf dabei aber nicht verkennen, dass der Landkreis im Rahmen der Pflichtaufgaben zu Leistungen von erheblichem und immer weiter steigendem Umfang verpflichtet ist.
Also

  • Bezirksumlage ca. 48 Mio. EUR
  • Jugendhilfe und
  • Soziale Sicherung zusammen ca. 92 Mio. EUR

So wird, nahezu die Hälfte der Gesamtausgaben des Haushaltes, wie gesetzlich vorgegeben, für Soziales ausgegeben. Natürlich könnte man jetzt argumentieren, der Landkreis löst mit seinem Sozialhaushalt die Probleme seiner Städte und Gemeinden, da es ja weiterstgehend die Bürgerinnen und Bürger unserer Städte und Gemeinden sind, die von den Sozialausgaben profitieren.

Dieser Blickwinkel ist aber doch zu eng. Vielmehr sind der Landkreis und unsere Städte und Gemeinden die Geisel einer verhältnismäßig großzügigen Bundespolitik, die das im Grundgesetz verankerte Konnexitätsprinzip (Veranlassungskonnexität, Art 104 a GG) missachtet und uns Kommunen permanent im Regen stehen lässt.

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken, Bildung- und Teilhabe, Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Wohngeldzuschuss, alle sozialen Verbesserungen sind richtig und sinnvoll. Aber die Finanzierung der Maßnahmen und die Finanzierung der Personalausstattung und das Verhältnis zu den anderen Ausgaben und Aufgaben muss stimmen. Und wenn wir beschließen würden, Erding soll der kinderfreundlichste Landkreis in Oberbayern werden, dann habe ich auch nichts dagegen, aber dann ist es unsere Entscheidung, wir als Kreisräte entscheiden, was wir tun wollen und wie wir diese Leistungen finanzieren wollen und wie wir die Mittel dann generieren und ausgeben und wofür.
Um fortzufahren

  • Geplanter Zuschussbedarf beim ÖPNV 6.2 Mio. EUR
  • Klinikum Erding 37 Mio. EUR
  • MVZ rund 800.000 EUR

Und jetzt kommen noch die gewünschten Hochbaumaßnahmen für Schulen, LRA-Erweiterung, FW Servicezentrum, Infrastrukturmaßnahmen etc. mittelfristig hinzu.

Und dies alles vor dem Hintergrund, dass mit diesem vorgelegten Haushalt die vorhandenen Rücklagen in Höhe von 31 Mio. EUR verbraucht werden, die Gemeinden äußerst angespannte Haushaltslagen zu bewältigen haben, u.a. bis 2026 alle Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung haben (2 Milliarden Mittel vom Bund – 2,85 Mio. Schüler --- ergibt pro Schüler 70 EUR – Für Forstern mit 160 Grundschüler wäre dies ein Förderbetrag von 11.200 EUR. Dafür bekomme ich nicht einmal die Ausstattung für ein Klassenzimmer).

In diesem Zusammenhang muss ich dann doch nochmals unseren Bundespräsidenten zitieren.
„Wir müssen Abschied von allen Träumen nehmen, aber dass was notwendig ist, müssen wir beherzt in Angriff nehmen“.
Das heißt aber konkret auch im Umkehrschluss, dass wir mögliche Fehlentwicklungen korrigieren müssen. Was ist uns, den FREIEN WÄHLERN, wichtig?

Wichtig ist eine effektive, bürgernahe, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger, geprägt von Empathie den Patienten gegenüber, aber mit Realitätssinn. Ein operativer Verlust von jährlich zweistelligen Millionenbeträgen kann sich der Landkreis, können sich die Städte und Gemeinden, nicht leisten und schon gar nicht auf Dauer.

Wichtig für unseren Landkreis ist unbestritten ein leistungsstarkes Klinikum der Grund- und Regelversorgung mit Notfall- und Rettungsinfrastruktur. Dazu stehen wir und auch zu den dafür notwendigen Investitionen, wie z.B. OP Erneuerung, etc. Aber für medizinische Experimente stehen m.E. keine Gelder mehr zur Verfügung.

Wichtig ist den FREIEN WÄHLERN ein leistungsstarker ÖPNV. Am ÖPNV arbeiten wir uns seit Jahren, ich würde sagen Jahrzehnten, ab. Der ÖPNV ist für einen Flächenlandkreis wichtig und ein wesentlicher Teil der Grund- und Daseinsvorsorge. Aber ein Zuschuss von 6 Mio. EUR pro Jahr ist nicht die Lösung der Probleme und generell mehr Gelder in den ÖPNV zu investieren ebenfalls nicht und auch für niemanden mehr darstellbar. Der ÖPNV muss für die Bürgerinnen und Bürger einfach, schnell, günstig und nutzerfreundlich (FahrgastApp) sein. Daran muss man arbeiten. Wir werden vielleicht neue Mobilitätskonzepte brauchen und gedanklich neue Ansätze. Ich möchte hier nur die Schlagwörter einwerfen, wie z.B. Mobilitätspakt zwischen Land, Kreis und Wirtschaftsunternehmen (Linie 512), Bürgerbusse, Zubringerverkehre, Rufbusse. Einfach noch mehr Geld in den ÖPNV zu investieren, darin sehe ich derzeit keinen Sinn.

Katastrophenschutz, Cybersicherheit und Investitionen hierzu, also z.B. in die Sanierung der ILS, Feuerwehrservicezentrum, Cybersicherheit sind essentiell und finden in dem dafür erforderlichen Umfang die Unterstützung der FREIEN WÄHLER. Ich weiß nicht, ob der Landkreis bereits eine Black out Studie erarbeitet hat. Wenn ja würde ich bitten, dass die Ergebnisse in einer Nichtöffentlichen Sitzung dem KA mitgeteilt werden, ansonsten die Erarbeitung einer solchen Studie angeregt wird. Jetzt könnten man noch Ausführungen zu den Schulen, deren Sanierung, zur Sanierung bzw. Umbau des alten LRA machen etc. machen. Dazu kann ich nur auf die Ausführungen im KA verweisen. Alle Ausgaben sind vertretbar und nachvollziehbar, aber wohl nicht alle Investitionen sind so wie geplant und nicht in dem Zeitfenster wie gewünscht umsetzbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landkreis mit seinen Einrichtungen ist, wie die Gemeinden, ein Dienstleister. Das Personal ist das Element einer wirksamen und bürgerfreundlichen Verwaltung. Wir die FREIEN WÄHLER unterstützen deshalb alle erfolgversprechenden Maßnahmen zur Stärkung der Personalzufriedenheit, zur Personalgewinnung und damit zur Verbesserung der Personalsituation.

Als Fazit möchte ich festhalten, dass dem Haushalt in der vorliegenden Form zugestimmt werden sollte und dieser m.E. trotz der Erhöhung der Kreisumlage, auch zustimmungsfähig ist. Landkreis, Städte und Gemeinden sind die untere Ebene unseres Verwaltungsaufbaus. Wir sind verantwortlich für die Lösung der berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger, aber immer auf der Grundlage geltenden Rechts.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten keinen Streit, sondern Lösungen und deshalb meinerseits die klare Aussage und Empfehlung dem Haushalt zuzustimmen.

Aber ich gebe es hiermit zu Protokoll und dies kann gerne als Antrag ins Protokoll mitaufgenommen werden, wir FREIEN WÄHLER erwarten in Zukunft ein engmaschigeres Monitoring, nämlich sind unsere Entscheidung erfolgreich und zielorientiert und wenn nein, so erwarte ich ein mutiges und frühzeitiges Umschwenken und Gegensteuer.

Den Antrag gebe ich wie folgt zu Protokoll: „Die Verwaltung hat halbjährlich in einem Zwischenbericht die zuständigen Ausschüsse, ggf. dem KA, über die Entwicklung der einzelnen begonnen Maßnahmen zu unterrichten und die Kreisräte hierbei insb. auch über die finanzielle Entwicklung der Maßnahmen zu unterrichten.“

Und dies geht m.E. nur, dass man sich auch in den Ausschüssen kritischer mit den einzelnen Themen auseinandersetzt und bei Entscheidungsvorschlägen die finanziellen Konsequenzen der Maßnahmen, in Bezug auf deren kurz, mittel- und langfristig Auswirkungen, deutlicher und transparenter herausgearbeitet und vorgestellt werden. Zu guter Letzt, meine Empfehlung an die Mitglieder der Fraktion der FREIEN WÄHLER lautet, dem vorgelegten Haushaltsentwurf zuzustimmen.

Ich danke